Maria Ratschitz, Südafrika, März 2006

Hallo alle zusammen,

 

passend zu den jüngsten Ereignissen, über den Streit mit den Mohammed-Cartoons, habe ich mir gedacht diesen Brief über Rassismus zu schreiben. Ist der Rassismus doch hier ein großes Thema, das nicht unterschätzt werden darf und auch im Gegensatz zu Deutschland ein sehr kompliziertes, alltägliches Problem ist.

In den letzten Wochen war ich auf ein paar Game Farmen und hatte die Möglichkeit mal viele Buren kennen zu lernen. Ich hatte nun die Möglichkeit mal die andere Seite (Farbe!!!) der Bevölkerung genauer unter „die Lupe zu nehmen“. Die Buren die ich kennen gelernt habe waren Rassisten und Nationalisten vom feinsten. So sprachen sie nur Afrikaans (einer hat sogar seine Bank gewechselt, als die alte nur noch englisch mit ihm gesprochen hat) hatten einen widerlichen Umgang mit ihren schwarzen Arbeitern und haben eine ganz eigene Lebensphilosophie.

Vor allem der Umgang mit den schwarzen Arbeitern erschreckte mich doch sehr. So war dort das Wort „Kaffer“ das Übliche wenn über die Schwarzen gesprochen wurde. Das Wort bedeutet „ein dem islamischen Glauben nicht angehöriger Mensch“ und wurde schon vor der Apartheid benutzt. Mit der Zeit hat es sich allerdings zum Schimpfwort entwickelt und die Benutzung ist seit 1994 bei Strafe verboten. Doch sind viele der Buren noch von der alten Schule, was heißt, dass sie sich am liebsten die „gute alte Zeit“ zurückwünschen und deshalb auch noch diese Umgangsformen haben.

Als ich das erste Mal mit dem Wort „Kaffer“ in Kontakt gekommen bin, war ziemlich am Anfang meines Besuches, Anfang September, als ich mit einem Schwarzen spazieren gegangen bin und ich ein komisches, lautes Summen gehört habe. Als ich ihn danach fragte, hat er einen großes Insekt gefangen, es mir gezeigt und gesagt: „That are Christmas Beetles.“ „Oh,“ habe ich geantwortet „looks like the German Mai-KÄFER.“ In diesem Moment hat er große Augen gemacht und mich ganz entsetzt angeschaut: “Don’t say that! Never, ever say Kaffer again! That is strictly forbidden, by law!!!“

Umso erstaunter war ich natürlich als ich dann auf den Farmen alle mit häufiger Benutzung dieses Wortes habe reden hören. Und nie im Guten. Zum Beispiel sagt ein Farmer zu seinem Arbeiter er solle Feuerholz holen. Der Schwarze geht und bringt zwei Äste und verschwindet dann wieder, anstatt mehr Holz zu holen. Kurz drauf schreit der Farmer natürlich nach ihm, aber wie: „Fanny! Fanny! Where is this motherfucking, bloody Kaffer!!!“

Und das war kein Einzelfall.

Ich war mit Jabulani in einem Computer Laden, Jabulani hat dem Verkäufer (weißer Bure) ein paar Fragen gestellt, aber dieser hat stur nur mich angeschaut und mir die Antworten gegeben, obwohl mich das nicht interessiert hat.

Dieser Disrespekt gegenüber der schwarzen Bevölkerung ist bei sehr vielen noch stak erhalten.

Viele Farmer sagen auch: “Meine Arbeiter sind ok, aber alle anderen sind dumme Kaffer.“ Daran kann man sehen, das sie sich nicht wirklich mit den schwarzen beschäftigen und gesteckt voll von Vorurteilen sind, den alle Schwarzen die sie kennen, sind ihre Arbeiter und diese sind natürlich nett.

Allerdings wird vieles von hren Äuserungen und Gedanken verständlich, wenn man sich mal ein paar Fakten anhört:

Wir haben von einem Nachbarfarmer unserer Mission gehört, dass in einer Nacht 30 Kühe gestohlen worden sind. Und das passiert mehrere Nächte. Dies sind gut organisierte Banden.

Schafe sind hier nur bekannt als Take-Aways.

Von einem Farmer wurde Sohn und Schwiegertochter ermoret. Ohne genaue Gründe.

Von einem anderen wurde der Sohn ermordet und alles was geklaut wurde war ein Kompressor. Ein Menschenleben bedeutet in diesem Lande nichts.

Natürlich gibt es auch Weiße denen nichts passiert ist, die einfach die Propaganda der alten Zeit nicht aus dem Kopf bekommen, ähnlich den Nazis in Deutschland nach 45.

Auch die Erziehung darf nicht unterschätzt, bzw. vergessen werden. Wenn ein Kind immer nur „Where is this motherfucking, bloody Kaffer!!!” hört ist es klar, das es dies für normal hält. So wird dieses Verhalten über Generationen weitergegeben.

Ein gutes Beispiel dafür das sie nicht sehen wollen das die Welt sich ändert ist mir an einem Abend an einem Lagerfeuer passiert; Auf die Frage „Why are you doing this shit? Its not your fault that the world is as it is?” Habe ich geantwortet “Yes, but it would be may fault if it would REMAIN like this!” Und dann ging die Diskussion erst los und ist böse geworden…

Natürlich könnten jetzt viele von euch diese Überfälle und Diebstähle auf die Armut schieben, aber ich denke das ist zu einfach, da die Kriminalitätsrate seit 1994 um 50% angestiegen ist. Vielleicht ist es der Umgang, das man keine gemeinsame Zukunft sieht und viele hier nicht glauben, das man zusammen leben kann. „And I tell you, I don’t believe that black and white can live together. Not in a hundred years!”

Zurück zum Rassismus. Ich Glaube der Rassismus kommt nicht nur aus der Apartheid Zeit, sondern auch aus der heutigen Zeit.

Und so muss man sich natürlich fragen, woher?

Und hier kommt die Schwarze Regierung ins Spiel, die duch ihre Handlungen und Gesetze ganz stark den Unmut schürt. Extrem im post Apartheid SA, obwohl große Männer wie Nelson Mandela und Desmond Tutu versucht haben dies zu verhindern. Die Neue Regierung, seit der Amtseinführung von Thabo Mbeki 1999, hat viele Gesetze zum Nachteil der Weißen erlassen. So mussten viele Farmer viel von ihren Ländereien an Schwarze geben und es fand eine große Umsiedelung im Lande statt. Oder besser gesagt eine große „Zurücksiedelung“, da viele, nicht alle, dieser Gebiete vorher schwarze Sieblungen mit fruchtbaren Boden waren und die Schwarzen in Gebiete mit unfruchtbaren Boden umgesiedelt worden sind. Eigentlich kein Gesetz das so schlecht ist. Aber natürlich ist dies für einige Farmer ein großer Nachteil gewesen und diese sind verständlicher weise nicht erfreut darüber gewesen, wer gibt schon gerne was unfreiwillig her.

Aber da gibt es ja noch andere Gesetze.

So muss jede Firma zu 50% eine Schwarze Führung haben, was ein großes Problem ist, da sie einfach, in vielen Bereichen, nicht das Know-how haben. Dies hatte zur Folge das viele Firmen kurz vor der Pleite stehen und Entlassungen anstehen. Und jetzt ratet mal wer entlassen wird.

Für mich das schlimmste Gesetz ist, das Schwarze bei einer Einstellung bevorzugt werden MÜSSEN, auch wenn ihr Zeugnis und ihre Qualifikationen schlechter sind als die von einem weißen Bewerber. Das hat zur Folge dass viele, sehr viele kluge Köpfe das Land verlassen. Weil sie in Australien oder UK die besseren Jobs finden.

Es ist auch so, das viele schwarze Vorgesetzte keine Ahnung haben was sie machen sollen, da sie völlig ungebildet (Ungebildet, nicht dumm!) sind und nun alle Arbeit einen weißen Arbeiter unter ihnen aufbürden.

Glaubt mir das ist wirklich so schlimm wie es sich anhört, ich habe das selber oft genug erlebt.

In der Bank, wo zwei schwarze Frauen überfordert waren mit dem Geldumwechseln und erst ein Weißer kommen musste und es ihnen gezeigt hat.

In der Post, als eine Schwarze ihren (weißen) Kollegen am Nebenschalter fragen musste wie das mit den Briefmarken nach Übersee ist.

Und der Höhepunkt: Im Homeaffairs, wo ich geschlagene drei Stunden von Schalter zu Schalter gelaufen bin, bis mich endlich eine weiße Frau bedient hat und mir den Stempel für mein Visa gegeben hat. Fünf Sekunden hat das gedauert.

Bitte dies alles nicht falsch verstehen, ich bin wahrlich kein Rassist, sonst wäre ich nicht hier, aber die Politik in diesem Lande macht einfach was falsch.

Sie versucht mit allen Mitteln den Willen des weißen Mannes zu brechen und ihn aus dem Lande zu treiben, was ihr auch gelingt.

Erst dachte ich mir natürlich schon, dass sie irgendwie Recht haben, die weißen haben es ja vorher auch nicht anders gemacht. Aber wenn man sich vorstellt wie Nelson Mandela (dieser Name taucht so oft auf, aber es stimmt einfach, er ist ein Held) und ein paar Gefährten dieses Land OHNE BÜRGERKRIEG aus der schlimmen Lage befreit haben und versucht haben zu vermitteln, wie zum Beispiel mit der „Truth Commision“, dann merkt man das was schief läuft. Es ist so wie in meinem letzten Brief beschrieben; The nasty white man in power hab merely been replaced by nasty black man. Die Regierung versucht hier mit gezielter Propaganda aufzuhetzen, und wer soll was dagegen sagen? Und wenn, was? Sie zahlen es den Weißen einfach heim.

Ein weißer Elektriker hat den ganzen Flughafen in Johannesburg elektrifiziert und der Staat weigert sich zu zahlen. Und jetzt? Es ist verboten den Staat anzuzeigen. Dumm gelaufen, der Elektriker ist Pleite gegangen und musste seine Firma verkaufen.

Viele Weiße verlieren dadurch natürlich ihren Glauben an den Staat und gehen nicht mehr zur Wahl. Und man kann sich den Mund fusselig reden, aber sie sind selber so dumm, dass sie nicht einsehen das eine starke Opposition Gold wert ist. Solange der Staat eine zweidrittel Mehrheit hat kann er machen was er will (das Regierungssystem ist ähnlich dem Deutschen).

Am Ende sehe ich nur das das alles sehr tief und kompliziert verwurzelt ist. Und alles mitspielt: Das hohe Wirtschaftswachstum (8%) das die Schere zwischen arm und reich immer größer macht (70% Des Börsenkapitals ist (noch) in Weißer Hand; dagegen stehen 80% der Firmen und Großkapitals Macht in schwarzer Hand), die Kultur die anders als bei uns mit einem modernen demokratischen Staat schwer zu vereinen ist, die korrupte Regierung die das Volk glauben lässt es ändert ich was und es wird allen besser gehen jedoch die Preise für Bildung immer höher macht (um das Volk dumm zu halten?), die sturen Weißen die nicht anfangen wollen mit den Schwarzen zu leben und nicht akzeptieren können das alle gleich sind, etc…

Es wäre zu leicht einfach zu sagen diese oder jene haben recht. Es ist noch ein langer und steiniger Weg…

Das wars auch schon…

Es tut mir leid wenn dieser Brief etwas konfus und nicht ganz stimmig ist, aber das Thema ist noch nicht ganz verdaut, es verwirrt mich einfach noch zu sehr. Dieser Brief ist auch nur ein kleiner Versuch die Lage zu erklären, die wie gesagt sehr umfangreich und kompliziert ist und ich doch ein gewisses Umfanglimit für meine Briefe habe.

Liebe Grüße und Gottes Segen,

Bernhard

P.S.: Ich habe auch eine Familie kennen gelernt die ihren Arbeitern die HIV Medikamente bezahlt, auch die Frage warum, sagte die Frau des Farmers nur: „What shell we do, Bernhard? They are our Friends!“ Die Behandlung kostet übrigens 26000 Rand…

P.P.S.: Dieser Rundbrief kommt nicht von meiner e-Mail Adresse, also Antworten, Beschwerden, etc... bitte an meine Adresse. Ich sende diesen Brief nur von hier, da seit Wochen kein Internetzugang in M.R. moeglich ist.